Klanginstallation von Hermann Bühler
Sind Menschen nötig? Gibt es empirische Anhaltspunkte, dass der menschliche Intellekt eine Integralfunktion im regenerativen Universum hat wie etwa die Schwerkraft? Wie können Erdbewohner ihre Funktion erfüllen und damit verhindern, als untauglich ausgelöscht zu werden?
R. Buckminster Fuller
Geoscape I ist die Sonifikation der Landschaft um Cevio (TI). Die Hörer*innen bewegen sich frei in einer geodätischen Kuppel und hören ein statisches Klangaggregat aus Sinustönen, das durch den Beizug von Instrumenten dynamisiert werden kann.
Soundscape und Sonifikation
Ich verbringe oft Zeit in der Region Maggia (Ticino) und bin von der Flusslandschaft mit ihren Klängen fasziniert. Ich nahm diese an verschiedenen Orten auf und stellte fest, dass diese Soundscapes das Tal als Echo Raum voll Wasser- Windrauschen zeigen. Darauf ging ich daran, den Raum abstrakt darzustellen und berechnete aus Distanzwerten eine Sonifikation der Gegend um Cevio, dem Hauptort des Maggiatals.
Daraus entstand die Klanginstallation Geoscape I , die das Tal in Tönen darstellen soll. Ich verwende dazu Sinustöne, die als „farblose Klänge“ die Berechnungen optimal umsetzen können. Für die Installation selber suchte ich zusammen mit der Künstlerin Janeth Berrettini eine Art abstrakten Raum und entschied mich darauf für eine geodätische Kuppel, weil ich dort Lautsprecher Vorgaben entsprechend verteilen konnte.
Der Raum rund um Cevio
Ausgehend vom Dorfzentrum Cevio wählte ich drei Messpunkte auf der untersten Ebene des Maggia Tals. Zusätzlich bestimmte ich jeweils drei weitere Messpunkte auf höheren Ebenen der umliegenden Berge. Die Distanz der Messpunkte zum Zentrum setzte ich zueinander in Verhältnis und berechnete daraus Intervalle bezüglich eines angenommenen Grundtons c’=264 Hz. Die durchschnittlichen Höhen der oberen Ebenen ergaben Faktoren zur Transposition der Töne im Verhältnis untersten Tal Ebene.
Klanginstallation GEoscape I
In der Installation Geoscape I erklingen Sinustöne aus neun Lautsprechern, die gemäss der Situation bei Cevio in einer geodätischen Kuppel verteilt sind. Die neun Sinustöne ergeben zusammen einen mikrointervallischen Klang, der die Hörer*innen wie eine Landschaft umgibt. Obwohl der Klang selbst konstant bleibt, verändert sich das Verhältnis der Frequenzen zu den Hörer*innen durch jede kleinste Bewegung. So sind z. B. durch die Bewegung des Kopfs unterschiedliche Tonhöhen zu hören. In der Mitte der Kuppel sind die stehenden Klänge am dichtesten, während sich die Klänge am Rand mit den Umgebungsgeräuschen mischen und transparenter wahrgenommen werden.
Die Geodäse besteht aus einem Grundgerüst mit Dreiecken, zeichnet sich durch hohe Stabilität aus und kann in Leichtbauweise hergestellt werden. Sie wurde um 1940 von Architekt und Denker R. Buckminster Fuller für mobile Behausungen entwickelt und 1967 in Montreal als riesige Kuppel realisiert. Heute befindet sich dort das Museum Biosphère mit Ausstellungen zu Nachhaltigkeit und Klimawandel.
Hermann Bühler
Hermann Bühler (* 1962) ist Komponist, Musiker und Musikwissenschaftler und lebt in Zürich. Mehrere seiner Klanginstallationen wie Verletzte Gärten, Earth Bound und Time Walk beschäftigen sich mit Umweltklängen und Raumorganisation.